Der Banker von heute ist ein Allrounder – Finanzexperte, Kommunikationsprofi und Menschenkenner. Anspruchsvollere Kunden, fortschreitende Computerisierung, intensiverer Wettbewerb – und immer mehr Auflagen: Was gehört heute dazu, erfolgreich im Bankberuf zu arbeiten und wie werden Berater dafür fit gemacht?

Matthias Wiegand

Matthias Wiegand

In Zeiten des Online-Banking beschränkt sich der Gang zur Bankfiliale oft auf eine Stippvisite: Rasch im Foyer ein paar Scheine am Geldautomaten ziehen, und wer ein paar Sekunden mehr Zeit hat, macht vielleicht auch noch einen kurzen Stopp am Kontoauszugsdrucker. Die eigentliche Filiale beginnt dahinter mit dem Schalterbereich und den Besprechungsräumen. Dorthin kommen Kunden nur, wenn sie ein besonderes Anliegen haben. Doch auch wenn es hier nicht immer nach Hochbetrieb ausschaut – die Berater haben alle Hände voll zu tun. Wer nicht im Kundengespräch ist, greift regelmäßig zum Telefonhörer.

„Früher gab es immer mal Gelegenheit, einen Kunden anzusprechen, wenn er in die Filiale kam, um einen Überweisungsträger abzugeben. Das kommt heute nicht mehr so häufig vor, weil das viele von zuhause aus machen. Daher ist es wichtig, dass wir telefonisch mit unseren Kunden in Kontakt bleiben“, erklärt Matthias Wiegand, TARGOBANK-Filialleiter in Berlin.

Aktiv auf Kunden zugehen

Lars Goebel

Lars Goebel

Deshalb werden Kunden, die damit einverstanden sind, regelmäßig von ihrem Berater angerufen: „Telefonieren ist ganz entscheidend, um unsere Kunden ganzheitlich zu betreuen – ihnen passende Angebote unterbreiten zu können oder in Erfahrung zu bringen, ob sie zufrieden sind, ob sich an ihrer finanziellen Situation etwas verändert hat und wir ihnen weiterhelfen können“, schildert Matthias Wiegand die Wichtigkeit regelmäßigen Telefonierens.

Lars Goebel, Bereichsleiter Ausbildung bei der TARGOBANK, kann das bestätigen: „Vor fünfzehn Jahren war es bei vielen Banken oft so, dass gewartet wurde, bis der Kunde kam und sein Wunsch wurde bearbeitet. Heute wird stärker geschaut, welcher Kunde welchen Bedarf hat.“ Anders gesagt: Um gut beraten zu können, komme es heute darauf an zu wissen, was seinen Kunden beschäftigt, wie es ihm geht.

Weg vom Zahnarzt-Image

Kommen die Kunden zum vereinbarten Termin in die Filiale, legt man dort großen Wert darauf, eine freundliche Atmosphäre herzustellen. Das hat gute Gründe: „Studien belegen, dass Menschen ungefähr so gerne zur Bank gehen wie zum Zahnarzt“, sagt Lars Goebel. Und hier müsse man ansetzen: „Die Leute sollen sich in der Bank wohlfühlen.“

Daniel Bischoff

Daniel Bischoff

Wohl fühlen sich die meisten Menschen, wenn sich Fremdes in Vertrautes verwandelt. Das gilt besonders für die Sprache. Deshalb sieht Daniel Bischoff, Trainer für den Bereich Vertrieb bei der TARGOBANK die Aufgabe des Beraters darin, „ein Dolmetscher für den Kunden“ zu sein.

Das geht nicht, ohne individuell auf den Kunden einzugehen: „Es gab eine Zeit, da hatten wir relativ starre Gesprächsleitfäden. Davon sind wir heute komplett abgekommen“, erklärt Matthias Wiegand. „Wir müssen uns die Zeit nehmen für ausführliche Gespräche mit unseren Kunden – und wir nehmen sie uns auch“, meint Dora Rosado-Heimer, Filialleiterin in Neuss.

Die Zeit ist nicht nur nötig, um auf die persönlichen Wünsche des Kunden einzugehen, auch für Erläuterungen durch erhöhte regulatorische Anforderungen muss Raum im Beratungsgespräch sein.

In einer Zeit, in der Informationen immer leichter verfügbar sind, kann Vertrauen im Kundengespräch nicht ohne Transparenz entstehen. Deshalb zählt es zum modernen Stil der Bankberatung, mit offenen Karten zu spielen. Der Bildschirm, an dem der Berater bisher für den Kunden unsichtbare Programme bedient hat, ist nicht mehr länger ein Mysterium: Der Kunde schaut nun mit in den Monitor hinein.

Einheitlicher Beratungsstandard dank Technik

Dora Rosado-Heimer

Dora Rosado-Heimer

Überhaupt ist die Technik neben der veränderten Kommunikation ein Schlüsselfaktor für die moderne Bankberatung. Sie erfolgt heute durchgängig computergestützt. Die Eckdaten, die der Berater im persönlichen Gespräch mit seinen Kunden erfährt und in das Programm eingibt, bilden die Basis für die Bankempfehlung.

„Damit stellen wir eine hohe Beratungsqualität sicher. Unser Kunde erhält das gleiche Angebot – egal, ob er sich in Hamburg oder Berlin beraten lässt. Vor 20 Jahren hätten sich die Angebote in Abhängigkeit vom Berater gegebenenfalls deutlich unterschieden“, erläutert Dora Rosado-Heimer.

Aber auch der Kunde nutzt den eigenen Computer für Bankgeschäfte. Das ist der Grund, weshalb er einerseits sehr viel seltener die Filiale aufsucht, andererseits genau dann die Bank besucht, wenn er online nicht mehr weiterkommt:

„Das heißt, die Berater in den Filialen sind bereits heute häufiger mit speziellen Anliegen ihrer Kunden konfrontiert, deren Lösung mehr Know-how und persönliches Engagement des Beraters erfordert – und dies wird voraussichtlich zunehmen“, schätzt Lars Goebel die Entwicklung ein.

Das macht den Arbeitsalltag für die Berater in den Filialen zwar herausfordernd, ist aber gleichzeitig der beste Beleg dafür, dass die persönliche Beratung vor Ort nicht komplett durch das Banking im Internet ersetzt werden kann. Experten gehen davon aus, dass sich in naher Zukunft unter dem Schlagwort Omnikanal-Banking fließende Übergänge von der virtuellen zur persönlichen Beratung und wieder zurück ergeben. Damit ist die Existenzberechtigung von Bankfilialen unstrittig. Doch für die Berater bedeutet es neue Anforderungen – etwa sich als „Problemlöser“ sehr schnell auf neue, komplexe Beratungssituationen einstellen zu können.

Coachings werden immer wichtiger

Dagmar Krügel

Dagmar Krügel

Damit die Berater den wachsenden Anforderungen besser gerecht werden können, gehören Coachings zu den regelmäßigen Maßnahmen der Mitarbeiter-Entwicklung.

TARGOBANK Filialleiterin Dagmar Krügel aus Braunschweig stellt fest, dass sich der Schwerpunkt ihrer Aufgaben in den letzten Jahren stark verlagert hat: „Früher hat es zu den Kernaufgaben eines Filialleiters gehört, sehr viel Administratives zu erledigen, heute bin ich sehr viel stärker in der Rolle eines Coachs“. Zur Führung des Teams gehört es, den Mitarbeitern ein persönliches und konstruktives Feedback zu geben, damit sie sich kontinuierlich weiterentwickeln können.

Die Fähigkeit, fruchtbare Feedback-Gespräche zu führen, fällt nicht vom Himmel.

„Wir wollen die Führungskräfte unterstützen, ihre Mitarbeiter weiterzuentwickeln“, erläutert Diplompsychologin Lisa Singer, Leiterin der Abteilung Vertriebstraining bei der TARGOBANK. „Eine Weiterbildung, die auf die Entwicklung individueller Fähigkeiten abzielt, darf nicht in Form einer Massenveranstaltung organisiert sein. Stattdessen arbeiten wir in Abstimmung mit dem Vertrieb immer mehr mit Intensiv-Workshops.“

Zielgerichtete Weiterbildung

Lisa Singer

Lisa Singer

Weiterbildungsmaßnahmen existieren natürlich nicht nur für Führungskräfte. Für alle Bankberater gibt es Angebote: Bei Verkaufstrainings machen die Mitarbeiter in Rollenspielen neue Erfahrungen und lernen dabei, die Situation des Kunden und ihre eigene Position zu reflektieren. Eine relativ neue Strategie ist es, Präsenz-Trainings innerhalb eines nachhaltigen Prozesses einzubetten. Sie werden angereichert durch Gespräche mit den Vorgesetzten vorab und auch mit Web-Trainings, so genannten „Learning-Nuggets“ vernetzt, erläutert Singers Mitarbeiter Daniel Bischoff. Das sind Internet-basierte Clips zu einem bestimmten Thema, durch die die Mitarbeiter Inhalte eines Seminars vor- oder nachbereiten können. Das erhöht die Lerneffizienz.

Dass die Bankberater der Generation Y heute sehr selbstverständlich und selbstbewusst mit digitalen Medien umgehen, markiere einen kulturellen Wandel in der Mediennutzung, findet Lisa Singer. „Darauf wollen wir aber nicht bloß reagieren – wir wollen diesen Wandel aktiv mitgestalten.“

 

In „Bankberater – gestern, heute, morgen… Teil 1“ lesen Sie, wie sich der Arbeitsalltag in den Filialen verändert hat, welcher Mentalitätswandel bei den Kunden zu beobachten ist und worauf sich Bank-Azubis heute einzustellen haben.

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